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Neues von der KR35          

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Vor kurzem erhielt ich von Herrn Wolfhard Köhler ein Originalfoto von einer KR35 SLM. Auf den ersten Blick war ich der Meinung, es würde sich um eine KR 35S handeln. Aber es scheint sich um eine nachgerüstete KR 35 SLM zu handeln.

Leider konnte ich bis heute noch nicht alle Fragen klären. Die Rahmennummer deutet darauf hin, dass das Motorrad 1933 gebaut wurde. Im noch vorhandenen KFZ Brief steht, dass das Motorrad erst am 23.7.1936 zugelassen worden ist. War das Motorrad bei Victoria in Nürnberg ein „Ladenhüter“ und wurde erst 1936 mit modernisiertem „Outfit“ ausgeliefert?

1936 gab es bereits die KR35 S mit Columbusmotor. Das abgebildete Motorrad hat noch den Sturmey-Archer-Motor mit Doppelport. Die hochgezogenen Auspuffkrümmer scheinen von der Form her ähnlich zu sein wie der Krümmer der KR35S. Es handelt sich aber wie gesagt um eine Doppelport - Auspuffanlage. Auch der Tank oder wenigstens die Lackierung des Tankes scheint von der KR 35S übernommen zu sein. Die abgebildete Tigergabel ist ebenfalls baugleich mit der von der KR 35 S oder KR35 B. Alle übrigen Teile, auch der Auspufftopf, sind von der KR 35 SLM. Das Motorrad wird derzeit restauriert und ich hoffe, dass ich das Motorrad in einem späteren Info vorstellen kann.

7 auf 1 Streich sm

7 auf einen Streich

 

Dieses ungewöhnliche Foto von einer KR 6A (?) fand ich dieses Jahr auf der Veterama in Mannheim. Es ist erstaunlich, was eine Victoria so alles mitmacht und aushält- trotz plattem Reifen. Jedenfalls ist eine Zuladung von über 500kg beachtlich.

 

Victoria KR 35 Bj. 1930

 

Diese zwei Fotos zeigen Victorias KR35 Bj. 1930. Eine Maschine wurde in Normalversion mit Trittbrettern ausgeliefert. Das Motorrad wurde noch mit einem älteren Boschscheinwerfer Bj. 1930 versehen. Auffallend ist der auf dem Tank montierte Tachometer. Am hinteren Kotflügel war noch kein Nummernschild angebracht. Wichtiger als ein Helm war für die meisten Fahrer eine Schutzbrille.

Bekanntermaßen hat die KR 35 eine Verbrauchsölschmierung. Durch die Ölpumpe kann die Öldurchflussmenge eingestellt werden. Das verbrauchte Öl wird über die Entlüftungsschraube zur Kettenschmierung verwendet. Auf dem Foto ist zu erkennen, dass auch damals schon gern zu viel geschmiert worden ist. Jedenfalls hinterlässt das von der Kette abspritzende Öl entsprechende Rückstände auf dem hinteren Reifen.

Auf dem anderen Bild ist ebenfalls eine KR 35 Bj. 1930 abgebildet. Diese wurde allerdings in der sportlicheren Version mit Fußrasten ausgeliefert. Das Motorrad hat noch den Magneten Noris BF1. Auffallend ist hier die nachträgliche Ausstattung mit einer Anbaulichtmaschine Typ Bosch „E 30/6 1500“ und dem Boschscheinwerfer „J 130x2s“. Die Lichtmaschine wurde über einen Keilriemen angetrieben.

Als Schlusslicht wurde eine Boschlampe Typ JN3 angebaut. Diese wurden bereits ab 1922 bis ca. 1927 ausgeliefert und waren somit 1930 eigentlich schon veraltet. Das kleine Boschhorn mit der Bezeichnung UC6 ist heute eine gesuchte Rarität.

Schön ist auch der Victoria- Wimpel, der an der Gabel angebracht wurde.

 

Freude und Frust bei der Restauration einer Victoria KR 35 Baujahr 1929

Regelmäßig werde ich angerufen und gefragt, welche Tipps und Tricks es bei der Restauration einer Victoria KR35 zu beachten gibt. Wahrscheinlich geht es den anderen Typenreferenten ähnlich. Ich wage es einfach an dieser Stelle einen kurzen Bericht zu schreiben und einen Teil meiner persönlichen Erfahrungen weiterzugeben. Betonen möchte ich, dass ich sicher kein Profi im Restaurieren bin und dass ich aus verschiedenen Gründen zu wenig Zeit für mein Hobby habe. (Wem geht das nicht so?) Grundsätzlich versuche ich, ein Motorrad möglichst im Originalzustand zu erhalten, bei ganz alten Motorrädern kann man sogar zeitgemäße Umrüstungen oder Reparaturen belassen. Fehlende Teile versuche ich grundsätzlich durch Originalteile zu ersetzen. Falls diese nicht verfügbar sind, verwende ich gute nachgebaute Teile. Nun aber zum eigentlichen Bericht:

Schon vor vielen Jahren hatte ich die KR35 in teilzerlegtem und nicht komplettem Zustand gekauft. Damals wusste ich nur, dass Victoria eine gute Motorradmarke war und dass die KR35 am Ende der 20er Jahre bekannt war als ein modernes, leistungsstarkes und optisch schönes Motorrad.

So begab ich mich nach dem Kauf auf die Suche nach den noch fehlenden Teilen. Eine Victoria IG existierte damals noch nicht. Im Laufe der Zeit konnte ich doch einige Teile erwerben, die noch fehlenden Teile wurden durch Fremdteile ersetzt. Schon damals war ich kein Freund allzu aufwendiger Restaurationen. Vorab wurden die Teile auseinandergebaut und von Hand entrostet und geschliffen. Ein Sandstrahlgerät stand mir damals noch nicht zur Verfügung. Die Blechteile wurden soweit notwendig ausgebeult und gespachtelt. Heute bin ich bei diesen Arbeiten ein Freund des „Aufzinnens“ mit Karosseriezinn. Das macht zwar mehr Arbeit als das Spachteln mit moderner Spachtelmasse, ist aber dauerhafter und passt besser zum Flair der alten Motorräder. Als Lack habe ich mir einen Autolack auf Kunstharzbasis mischen lassen. Als Farbmuster hatte ich die noch vorhandenen Farbreste auf der Innenseite einer Felge verwendet. Inzwischen empfehle ich den Farbton „BMW basaltblau 180“. Motorräder früherer Baujahre hatten öfters auch einen anderen Farbton, der mehr helleres Blau und weniger Grau enthielt. Aber über den „richtigen“ Farbton wird man sich bei Victoria ja bekanntermaßen nie einig.

Für die Restauration des Motors hatte ich auch die einfachere Variante gewählt. Die Kurbelwelle ließ ich von der Firma Graf in Müllheim bei Freiburg instandsetzen und neu lagern. Ebenfalls wurde der Zylinder geschliffen und ein neuer Kolben eingebaut. Neu angefertigt wurden die kurzen Stößelstangen im Motorengehäuse. Vom Zylinderkopf wurden die Ventile neu eingeschliffen, das Spiel der Ventilführungen war noch tolerierbar. Das waren die wesentlichen Arbeiten an dieser KR 35. Nachfolgend noch weitere Tipps:

Die Ventile des Sturmey-Archermotors laufen bekanntermaßen ohne Schmierung in ihren Führungen, man sollte beim Einbau neuer Führungen oder neuer Ventile für ausreichend Spiel in den Führungen sorgen. Ich empfehle wenigstens 0,04mm Spiel. Wenn der Motor heiß ist und die Ventile klemmen, dann kann das zum Alptraum werden.

Ähnlich ist das auch bei den Kolben. Bei einem 0/8/15 –Kolben empfehle ich ein Spiel von 0,10mm. Nur die Firma Wahl garantiert bei ihren selbst gefertigten Kolben klemmungsfreien Betrieb auch mit weniger Spiel.

Zwischen den Kipphebeln und den Ventilen werden normalerweise Ventilkappen aus gehärtetem Stahl eingebaut. Diese fehlen sehr häufig. Als Folge davon unterliegen die Ventile einem höheren Verschleiß. Das Ventilspiel (0,1 und 0,2mm) lässt sich oft nicht mehr einstellen. Abgenützte Kipphebel und Schlepphebel können aufgeschweißt und geschliffen werden.

Normalerweise befindet sich zwischen Kurbelgehäuse und Zylinder eine ca. 3mm starke Stahlplatte. Wenn er ohne diese zusammengebaut wird, hat er eine etwas höhere Verdichtung. Bis jetzt hat mir noch niemand sagen können, dass der Motor dies nicht verträgt. Auch habe ich noch nicht gehört, dass der Kolben oben anschlägt oder das Auslassventil beschädigt. Ich halte es für möglich, dass wegen der schlechteren Benzinqualität die Verdichtung reduziert wurde.

Die Kopfdichtung schneide ich aus Kupferblech aus, erhitze sie und schrecke sie anschließend mit Wasser ab. Sie ist dann wieder weich. 

Das Motorengehäuse und das Getriebe habe ich nicht mit Glasperlen gestrahlt. Dies ist sinnvoll, wenn man das Motorrad in einen neuwertigen Zustand versetzen will. Ich habe die Aluteile nur mit Hilfe verschiedener Reinigungsmittel gesäubert und anschließend mit einer feinen Messingbürste gebürstet. Die Teile behalten so ihre Patina. Vermurkste Schrauben und Muttern werden nach Möglichkeit mit der Feile überarbeitet und nicht ersetzt. Vorsicht ist bei den Gewinden an Motor, Gabel und Rädern angebracht. Oftmals werden zöllige Gewinde verwendet, selbst die Schrauben für die Befestigung des Seitendeckels für den Magnetantrieb haben ein Zollgewinde. Aber es gibt einige  Schraubenhändler, die diese Zollschrauben teilweise im Programm führen. (z.B. Manfred Rauhud Tel 07576/2592)

Perfektionisten werden noch versuchen, im Motorgehäuse einen Simmerring unterzubringen. Wer will, der kann auf der Abtriebsseite das Gehäuse abfräsen, eine Platte anbringen und zwischen dem Gehäuse und dieser Platte einen Simmerring einbauen.

Die KR 35 hat bekanntermaßen eine Verlustölschmierung. Oftmals weniger bekannt ist die Funktionsweise der sogenannten „Ölpumpen“. Eigentlich sollten diese Geräte „Ölförderbegrenzer“ genannt werden. Die Schmierung funktioniert folgendermaßen:

Im Öltank befindet sich frisches unlegiertes Öl, im Sommer verwende ich unlegiertes Öl SAE50. Dies entspricht den Empfehlungen von Sturmey-Archer. Nur für den Winter wird ein 30-er Öl empfohlen.

Besonders bei nicht mit Simmeringen nachgerüsteten Motoren ist dieses zähere Öl zu empfehlen. Es ist z.B. noch bei der Fa. AVIA erhältlich.

Sofern der Ölhahn geöffnet ist, läuft das Öl in die Ölpumpe. Das Öl wird aber nicht aktiv gepumpt, sondern vom Motor angesaugt.

Wenn sich im Verdichtungstakt der Kolben nach oben bewegt entsteht im Kurbelgehäuse ein Unterdruck. Durch diesen Unterdruck saugt der Motor entweder durch jeden Spalt von außen Luft an, oder er saugt das Öl von der Ölpumpe an. Die Einstellung der Ölpumpe bewirkt wiederum, dass die Menge des angesaugten Öles begrenzt wird. Wer will, kann seine Ölpumpe auseinanderbauen. Zu beachten ist, dass sie stets leichtgängig sein soll. Oft ist das Zahnrad oder die Förderschnecke verschlissen. Dann ist guter Rat teuer, bzw. eine neue Ölpumpe ist fällig. Bei einer neu gekauften KR 35 ist es stets sinnvoll die Funktion der Ölpumpe im ausgebauten Zustand zu überprüfen. Ansonsten kann einmal ganz schnell der Motor klemmen.

Im 28er Modell wurden Pilgrim – Ölpumpen eingebaut, später wurden Hayot SimplexII Ölpumpen verwendet.

Falls man eine neue Ölpumpe kaufen will ist es wichtig, dass man eine –vom Motor her gesehen- rechtsdrehende Ölpumpe kauft. Das Zahnrad mit 12 Zähnen treibt über eine Fahrradkette den Lichtmagnetzünder an. Wie bereits oben erwähnt ist es noch wichtig, dass sowohl die Kettenabdeckung als auch die Lima einigermaßen luftdicht angeschraubt werden. Falls sich in der Ölpumpe Öl staut, kann auch das der Grund dafür sein, dass zu wenig Öl in den Motor kommt. Für die Einstellung der Ölpumpe empfehle ich folgendes:

Nach dem Zusammenbau des Motors gebe ich vorab 50ccm Öl in das Kurbelgehäuse. Das ist mehr Öl als im späteren Betrieb im Gehäuse ist. Der Motor wird nur durch den Ölnebel geschmiert. Daher müssen auch beim Zusammenbau bereits alle Teile ordentlich geschmiert werden. Es ist gar nicht so einfach, diese Ölmenge in das Gehäuse zu bringen. Entweder zieht man nochmals den Zylinder ab, oder man versucht mit einer Spritze durch die Entlüftungsschraube das Öl einzufüllen. Die Ölpumpe stellt man am besten so ein, dass bei mittleren Drehzahlen ca. alle 5 Sekunden ein Tropfen Öl in das Schauglas fällt. Ich versuche diese Einstellung unterwegs auf einem Parkplatz vorzunehmen. Zuhause kann es Ärger geben mit den Nachbarn und während der Fahrt kann es ganz schön gefährlich sein, allzu lange zur Ölpumpe runterzuschauen.

Als Getriebe wurden bei der KR35 Getriebe mit dem VW-Zeichen oder Hurthgetriebe eingebaut. Meistens sind der Kupplungskorb und die Reibscheiben ausgeschlagen und abgenutzt. Diese Teile sollten aufgeschweißt oder erneuert werden.

Die Ersatzteilversorgung insgesamt ist schlecht. Einzelne Teile werden nachgefertigt. Adressen sind bei mir erhältlich.

Bevor die Zündung eingestellt wird empfehle ich die Überholung der Zündlichtmaschine. 1928 wurden noch viele Motorräder mit dem Norismagnet ausgeliefert. Als Lichtquelle diente eine Acetylenbeleuchtung. Später wurden Zünd -lichtmaschinen unterschiedlicher Fabrikate eingebaut. Für den Betrieb ist es wichtig, dass vor allem der Magnet bzw. die eingebaute Zündspule überholt oder unter Last und Hitze geprüft wird. Die Lager wie auch die anderen mechanischen Teile müssen geprüft und gegebenenfalls ausgetauscht werden. Am Schluss wird der eigentliche Magnet noch aufmagnetisiert. Wenn der erzielte Funke nicht zufriedenstellend ist, sollte der Magnet neu gewickelt und der Kondensator ausgetauscht werden. Es gibt inzwischen wieder einige Firmen, die Lichtmaschinen komplett und gut überholen. Teilweise halte ich es für unnötig, den Lichtmaschinenanker neu wickeln zu lassen.

Beim Einbau der Lima in das Motorrad gehe ich folgendermaßen vor: Zuerst befestige ich die Lima auf der Befestigungsplatte hinter dem Motor. Die Kette wird auf die Ritzel gelegt und diese werden auf die Wellen lose aufgesteckt, -nicht angeknallt. Danach ist es ganz wichtig, dass die Befestigung der Lima äußerst stabil erfolgt. Wenn sich die Lima während der Fahrt losvibriert, dann kann sich die Kette im Gehäuse verkeilen und das Gehäuse zerstören. Nur ein Ritzel ziehe ich anschließend relativ fest an. Falls das Ritzel auf der Lima einen Nutenstein erhält, wird dieses zuerst angezogen. Den Motor drehe ich bis zu dem Punkt, an dem der Kolben sich 12mm vor dem oberen Totpunkt (OT) befindet. Wichtig ist, dass sich der Motor im Verdichtungstakt befindet. Beide Ventile müssen in diesem Takt geschlossen bleiben. Ansonsten zündet der Magnet in den falschen Takt und bringt den Bastler zur Weißglut. Durch die Öffnung für die Zündkerze überprüfe ich den OT mit Hilfe eines Drahtes. Auf dem senkrecht von oben eingeführten Draht kennzeichne ich mit einem Filzstift den höchsten Punkt des Kolbens und drehe den Motor dann soweit zurück, bis der Kolben seine 12mm vor OT innehat. Um genau zu sein muss ich sagen, dass ich den Motor weiter zurückdrehe und dann wiederum den Motor in Fahrtrichtung so weit drehe, biss er auf 12 mm vor OT steht.

Die Lichtmaschine bzw. den Zündversteller am Lenker stelle ich auf volle Frühzündung.

Nun drehe ich die Unterbrecherwelle der Lichtmaschine so lange, bis der Unterbrecher gerade am Abheben ist. Fa. Bosch empfiehlt die Prüfung mit einem 0,03mm starken Blechstreifen, der sich beim Abheben leicht herausziehen lassen sollte. Der Schleifring sollte dabei (wie durch den Federdruck) an das Gehäuse gepresst werden. In dieser Stellung ziehe ich das Ritzel auf der Nockenwelle etwas fester an. Nun drehe ich den Motor zweimal durch und überprüfe den eingestellten Wert. ( Ich überprüfe, ob der Unterbrecher beim Erreichen der Kolbenstellung 12mm vor OT gerade abhebt).

Anschließend kann man die Zündung auf Spätzündung stellen und zusätzlich überprüfen, ob nun der Unterbrecher bei OT oder kurz nach OT abhebt. Sollte auch diese Einstellung korrekt sein, dann sollte man nicht vergessen, auch das zweite Ritzel mit Gefühl anzuziehen.

Die Unterbrecherkontakte sollen im geöffneten Zustand einen Abstand von 0,3 – 0,4mm haben. Die Kontakte sollen sauber und fettfrei sein. Ältere Kontakte reinige ich mit einem 800er Schleifpapier, welches ich mehrmals zwischen die Kontakte klemme und durchziehe. Bosch empfiehlt das Nachfeilen mit speziellen Kontaktfeilen. Profis empfehlen bei Kontaktschwierigkeiten das Auflöten von neuen Kontakten.

Für die Ölung des Lichtmaschinengetriebes empfiehlt Bosch die Verwendung von ca. 7ccm Motorenöl. Das Öl wird so lange in einen Öler eingegeben, bis der Vorratsraum gefüllt ist und der Ölstand am anderen Öler sichtbar wird. Das Aufmagnetisieren der Magnete kann nur mit einem Spezialgerät durchgeführt werden.

Als Zündkerze empfehle ich eine alte 175er Bosch-Zündkerze. Es ist vorteilhaft, wenn sie unter Druck z.B. mit einem Prüfrex Testgerät getestet wird. Sie sollte bei einem Elektrodenabstand von 0,4mm und einem Druck von 8 bar regelmäßig zünden. Mit neuen Kerzen habe ich nicht nur gute Erfahrungen gemacht.

Obwohl Die Bosch D-Zünder auch ohne Batterie funktionieren ist es sinnvoll und schont den Regler in der Lichtmaschine , wenn im Fahrzeug eine Batterie eingebaut wird. Auch eine im Werkzeugkasten versteckte kleine Nickel-Cadmium Batterie ist besser als keine. Allerdings ist mir nicht bekannt, ob sie den gesamten Strom der Lichtmaschine aufnehmen kann.

Zu den Vergasern kann ich folgendes sagen:

Werksseitig wurde 1928 ein AMAC Vergaser 15mdy verwendet. 1929 kam der Graetzin kb24 zum Einsatz. Bei der SLM wurde das neuere Modell ke25 eingebaut.

Alle Messingvergaser werden im Gebrauch stark abgenützt. Nicht ohne Grund wurden später als Ersatz moderne 24er Bing- Vergaser eingebaut. Die Messingvergaser werden z.B. von Herrn Sieg in 31535 Neustadt oder von Herrn Greiner in Balingen instandgesetzt. Letzterer hat auch einen guten Bing- Ersatzdienst. Vor allem für die ersten Startversuche empfehle ich folgendes Vorgehen:

Ich prüfe nochmals, ob alle technischen Voraussetzungen stimmen. Dann wird zuerst der Ölhahn geöffnet. Anschließend lasse ich frisches Benzin in die Schwimmerkammer einlaufen. Den Luftschieber lasse ich halb geschlossen, den größeren Gasschieber öffne ich nur wenig. Die Zündung stelle ich auf “spät”. Bei gezogenem Dekompressionshebel und gleichzeitig gedrücktem Aus-schalter für die Zündung trete ich 2x den Kickstarter herunter. Beim dritten mal lasse ich die Zündung eingeschaltet und am Ende des Heruntertretens lasse ich die Kompression kommen. Nun sollte der Motor anspringen. Wenn dies nicht der Fall sein sollte sprühe ich mit einem Startpilot hoch entzündliches Gemisch in den Vergaser oder direkt durch das Zündkerzenloch in den Brennraum.
(Startpilot sollte man nicht so häufig verwenden. Der hohe freigesetzte Energiegehalt schädigt die Lager.)

Wenn auch jetzt der Motor noch keine bulligen Töne von sich lässt, dann stimmt irgendwas noch nicht. Wenn der Magnet in Ordnung ist, dann bitte nochmals prüfen, ob die Zündung auch im richtigen Takt erfolgt.

Wenn die KR35 erst mal läuft, dann kann man zur Feineinstellung übergehen. Zum Starten bitte grundsätzlich auf Spätzündung stellen. Das erspart Schmerzen im Knöchel. Beim Fahren kann man nach dem Starten meist gleich auf volle Frühzündung stellen.

Um Kolbenklemmer zu vermeiden ist es wichtig den Vergaser nicht zu mager einzustellen. Das Kerzenbild sollte im Betrieb     “rehbraun“ sein, so steht es überall. Bing empfiehlt für die KR35SN z.B. folgende Düsen:
Hauptdüse100, Nadeldüse 270, Leerlaufdüse 40.
Das Thema Vergasereinstellung wird sehr ausführlich von Hertweck in dem wieder aufgelegten Buch „besser machen“
(Motorbuch Verlag) beschrieben. Ein Muss für jeden Bastler an alter Elektrik ist das ebenfalls von ihm geschriebene Buch „Kupferwurm“.

Wurde die KR35 frisch zusammengebaut sollte das Spiel innerhalb der Gabel mehrfach kontrolliert werden. Die gefetteten Lederdämpfer können sich mehrfach verändern. Das Spiel in der Gabel kann dann lebensgefährlich sein.

Im Betrieb empfiehlt es sich, die Maschine regelmäßig abzuschmieren. Vor allem die Kipphebel am Zylinderkopf sollten nicht vergessen werden. Weil die Ventile nicht regelmäßig geschmiert werden, empfiehlt es sich, diesen gelegentlich ein paar Tropfen Öl zu gönnen. Man kann auch dem Benzin sogenanntes „Obenöl“ zufügen. Z.B. von ARAL ist dieses noch erhältlich. Der geringe Ölzusatz schmiert im Betrieb zusätzlich den Ventilbereich. Es ist auch in der Einlaufzeit eines neuen Kolbens zu empfehlen.

Ich vermute, dass ich mit diesem Bericht bei manchem Leser Widerspruch hervorrufe. Es würde mich freuen, wenn ich direkte Antworten erhalten würde unter der e-mail Adresse peterzimmermann57@web.de

Unter der homepage www.peterzimmermann.de (dem dortigen Link folgen) gibt es weitere Infos zur KR35 und zu anderen alten Motorrädern.

 

Georg Weber, ein Leben mit der KR35       

Selten kann man von einem Mann berichten, der über 50Jahre mit einer KR35 gefahren ist. Schon seit einigen Jahren kenne ich Frau Landerer, die Tochter von Georg Weber. Im Frühjahr hat sie in ihren Unterlagen Fotos und Berichte über ihren Vater gesucht und mir geschickt. Ich muss zugeben, seine Geschichte hat mich fasziniert.

Herr Weber wurde vor 100Jahren im Juni 1901 im bayrischen Englfing bei Schöllnach geboren. 1924 kam er arbeitsbedingt nach Berlin, wo er sich als Autoschlosser selbständig machte. Einem Zeitungsbericht nach hat er sich bereits in den 30er Jahren seine KR35 gebraucht gekauft. Damals war das Motorrad, das 1930 gebaut worden ist, sozusagen fast neu. 1965 ist er wieder zurück nach Bayern gezogen und hat dort noch eine zeitlang eine Reparaturwerkstatt betrieben. 1987 verstarb Georg Weber.

Mit der KR 35 hat er einiges erlebt. 1956 hat er in einem Bericht einer Berliner Zeitung berichtet, dass er bereits 210000 km mit der KR35 gefahren sei. Mit seiner Frau Mia, die er in Berlin kennen gelernt hatte, hat er auf der KR35 verschiedenste Reisen ins Ausland unternommen. Mehrere Male waren sie in der Türkei und in Jugoslawien. Ich zitiere aus dem Bericht „auf treuer „Mühle“ durch die Welt:

Die Maschine muss nicht nur die beiden Personen tragen, auch Zelt, Luftmatratzen und anderes Campingzubehör wollen untergebracht sein. Das alles wird nach eigenem Patent um den Benzintank geschnallt. Eigene Erfindung sind auch die am Lenker befestigten beleuchteten Winker, die in der Bundesrepublik und im Ausland viel Staunen erweckt haben. „Aber auch über meine alte Maschine staunten viele“, berichtete „Schorsch“ Weber, wie ihn seine Freunde nennen. Die wichtigsten Ersatzteile hat er mit auf große Fahrt genommen – gebraucht hat er sie nicht...

Die ganze Mittelmeerküste bis nach Avignon fuhren Webers entlang. Mühelos schafften sie mit ihrer Maschine auch die Pyrenäen. „Bloß die steilen Hänge ´runtersehen konnte ich bald nicht mehr“, sagte die „Sozia“. Diese 7000km lange Reise – die Hinfahrt wurde in 8 Tagen geschafft – hat dem Ehepaar so gut gefallen, daß sie möglichst bald wieder starten möchten. ..

Die zu Kreuzbergern gewordenen Bayern sind fröhliche Menschen. Jedes Jahr zu Himmelfahrt organisiert Georg Weber mit den Kunden seiner Autowerkstatt und den Nachbarn einen Ausflug – natürlich nur mit dem männlichen Geschlecht. Vor zwei Jahren holte man sich aus einem Kostümverleih Uniformen aus der Wilhelminischen Zeit, in denen man auf die Herrenpartie ging...


Georg Weber hat noch einen großen Wunsch: er möchte mit seiner Frau und seinem Motorrad, Baujahr 1930, eine Fahrt nach Kapstadt machen, quer durch den afrikanischen Kontinent. Doch leider ist dieser Wunsch nur ein Wunschtraum: Soviel Geld habe ich nicht, um das Geschäft so lange allein lassen zu können“.

Jedenfalls wurden seine „Herrenfahrten“ beibehalten. 1958 erschien folgender Bericht in der U.B.Z: 

 

„Los von Muttern“              

sagten sich heute in den frühen Morgenstunden schon viele Männer in unserer Stadt. In Kremsern oder zu Fuß, auf jeden Fall aber mit einer desinfizierenden Flüssigkeit in der Tasche, machten sie sich auf den Weg „ins Grüne“. Daß es eine Fahrt ins „Blaue“ wurde – wer kann es ihnen verdenken? Kein Mann will riskieren, von seiner besseren Ehehälfte mit erhobenem Zeigefinger nach Hause geholt zu werden.

Auf dem Foto sind seine beiden Motorräder, die heute noch existieren, abgebildet. Georg Weber fuhr noch mit 83Jahren auf seiner Victoria. Er starb im Alter von 86 Jahren. Von seiner Tochter erhielt ich freundlicherweise noch einige Fotos von Georg Weber und seinen Motorrädern. Einige Details lassen sich nachträglich rekonstruieren:

1935 wurde er mehrfach auf einer KR35 Bj. 1930 fotografiert. Ob es sich um sein Motorrad oder um das Motorrad eines Freundes handelt ist unklar. Auf einem Foto sind 3 KR35 abgebildet, eine davon ist wahrscheinlich die SLM mit Doppelport und rundem Auspufftopfendstück von 1930, die er bis zum Lebensende gefahren hatte. Zwei Fahrzeuge hatten in der Tourenversion Trittbretter. Beide hatten noch eine Anbaulichtmaschine:

Auf Fotos von 1939 sieht man die SLM von Georg Weber und seine Frau Mia auf großer Jugoslawienfahrt. Obwohl sich das Nummernschild geändert hat, scheint es sich um das gleiche Fahrzeug zu handeln, auf dem er bereits vorher abgebildet worden ist. Zugelassen war das Motorrad aber bis nach dem Krieg auf mehrere Freunde. 1949 wurde es auf seinen Namen angemeldet. Vielleicht hat er 1939 das Motorrad von seinem Freund Anton Kielreuter übernommen, aber erst 1946 auf sich zugelassen? War die KR35 mit dem Kennzeichen IA-42457 seine erste KR35 und er hat ca. 1939 die SLM seines Freundes dazubekommen? Diese Fragen lassen sich leider nicht mehr klären. Verständlicherweise wurden mehrere Veränderungen an den Motorrädern im Laufe der Zeit vorgenommen. Anscheinend hat Georg Weber andere Sattelfedern bevorzugt. (BMW?) Diese Sattelfedern sind seit 1935 an mehreren Motorrädern sichtbar. Bereits 1939 wurde an der SLM ein anderer Scheinwerfer montiert. Nach dem Krieg erhielt die SLM moderne Victoria Tankembleme. An der Schaltkulisse wurde ein Gefällmesser angebaut, die Handschaltung erhielt zusätzlich eine Fußschaltung Marke Eigenbau. An dem vorderen Kotflügel wurden seitlich zusätzliche Schmutzfangstreben angebracht. Der Graetzinvergaser wurde gegen einen Bingvergaser eingetauscht. Seit ca. 1973 wurde das Motorrad nicht mehr modernisiert. Es blieb, vom verschwundenen „Winker“ abgesehen, bis heute in leicht geändertem Urzustand erhalten. Bemerkenswert ist auch, dass es sich um eine von nur drei noch komplett erhaltenen Maschinen handelt in der Ausführung SLM mit senkrecht stehendem Motor und Doppelport von Mitte 1930. Georg Weber hat nie auf ein moderneres, stärkeres Motorrad gewechselt. Auch für seine großen Touren mit Sozia hat er stets der KR35 vertraut.

Anscheinend hat sie ihn überzeugt. Gibt es eine bessere Werbung für die KR35? Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Nachfolgend können noch zwei Zeitungsberichte abgerufen werden: